Clara Wieck war Inspiration für Robert Schumanns grosse Klavierwerke. In den Kinderszenen spürt man buchstäblich die Liebe des 28-Jährigen Robert für Clara. «Du wirst dich daran erfreuen, musst Dich aber freilich als Virtuosin vergessen», schrieb er ihr in einem Brief.
Nach Schumanns eigenen Worten sind diese Stücke «Rückspiegelungen eines Älteren für Ältere». So empfinde ich es ebenfalls: Erinnerungen an die jungen Jahre, voller Wärme und Wonne, Sommer und Sonne. Sogar in den Stücken in Moll spürt man die Zuversicht und die Glückseligkeit, nur gelegentlich klingt eine Brise Wehmut. Kleine Miniaturen, die grösser nicht sein könnten.
Dagegen klingt Franz Liszts monumentale Sonate h-Moll, Robert Schumann ge- widmet, wie aus einer ganz anderen Welt. Schon der Anfang ist an Dramatik nicht zu überbieten: leise Tonwiederholungen im Bass, gefolgt von einem düsteren, abfallenden Tonleiter-Motiv. Was danach folgt, ist für mich ein riesiger faustischer Kampf zwischen dem «Guten» und dem «Bösen», zwischen Himmel und Hölle.
Thematisch und formal genial aufgebaut scheint das Stück in der Tiefe zu enden, wie es angefangen hat. Es folgen aber noch sehr leise und lange Akkorde in einer Aufwärtsbewegung. «Per aspera ad astra», durch Mühsal gelangt man zu den Sternen. Das Stück schliesst in Dur – aber der letzte Akkordwechsel von F- nach H-Dur durch – schreitet noch einmal den Tritonus, das verbotene, teuflische Intervall, das uns schon durch die ganze Sonate begleitet hat. Dieses letzte Mal klingt es aber wie eine Erlösung.
Mit diesem Stück bringt Liszt uns zu den elementaren und existenziellen Fragen: Fragen zu dem Sinn des Seins – ohne eindeutige Antworten zu liefern. Ein Meisterwerk, das tief berührt, ein Höhepunkt in Liszts Klavierschaffen. (Teemu Holma)
2024
Konzert 1
Robert Schumann
(1810 – 1856)
Kinderszenen Op. 15
Franz Liszt
(1811–1886)
Sonate h-Moll S 178
Lento assai – Allegro energico
– Più mosso – Andante sostenuto –
Allegro energico – Andante sostenuto
– Lento assai