Die Mannheimer Jahre 1777/78 prägten Wolfgang Amadeus Mozart sehr. Diese Reise trat er ohne seinen Vater an. Vor Ort konnte Mozart der Mannheimer Hofkapelle zuhören, die zu den besten Ensembles jener Zeit galten. Er schloss viele Freundschaften, unter anderem mit Aloysia Weber, die seine erste grosse Liebe wurde, bevor er ihre Schwester Constanze zur Frau nehmen sollte. Musikalisch emanzipierte sich Mozart vom Salzburger Geschmack, indem er sich von der «Mannheimer Manier» anstecken liess. Der bedeutendste Zyklus, der von diesem Stilwandel zeugt, sind sechs Sonaten für Klavier und Violine, die Mozart noch in der Pfalz begann, aber erst im Sommer 1778 in Paris vollendete. Die verspielte erste Sonate G-Dur KV 301 gehört auch zu diesen «Kurfürstin- Sonaten», die Mozart Anfang 1779 der pfälzischen Kurfürstin Elisabeth Auguste widmete.
Die auch als «Thuner Sonate» bekannte Sonate A-Dur Op. 100 für Klavier und Violine komponierte Johannes Brahms 1886 während seines «Kammermusiksommers » am Thuner See. Hier entstand auch die zweite Cellosonate Op. 99 sowie das Klaviertrio c-Moll Op. 101. Als Brahms die Nachricht erhielt, die befreundete Sängerin Hermine Spies werde ihn in der Schweiz besuchen, begann er mit seinem Op. 110. Er übertitelt den ersten Satz mit «Allegro amabile» und schrieb zudem die beiden Lieder «Wie Melodien zieht es mir» und «Immer leiser wird mein Schlummer». Hermine Spies’ Schwester Minna erinnert sich später: Ein Spätsommertag war’s. Die Nachmittagssonne stand vor ihrem Untergange und strahlte golden über die Wasser und durch die geöffneten Fenster zu uns herein. Die Blumengehänge, die über die Ufer des Sees herabfielen, wurden zu neuen glutvollen Farben erweckt und sandten ihren Duft herüber. Hermine sang dazu. Zwei neue, noch ungedruckte Lieder lagen auf dem Notenpult des Flügels, […] Brahms begleitete.
Aus der Melodie zu den Versen Wie Melodien zieht es / Mir leise durch den Sinn, / Wie Frühlingsblumen blüht es / Und schwebt wie Duft dahin entwickelte Brahms das Seitenthema des Kopfsatzes seines Op. 110, aus dem Lied «Komm bald» das Hauptthema. Dahinter verbirgt sich nicht nur ein doppeltes Geständnis an Hermine Spies, sondern auch ein ästhetisches Programm. In der A-Dur-Sonate «blüht es und schwebt» wie in keiner zweiten der Gattung, alles wirkt zart und duftig. Im Dezember 1886 fand die öffentliche Uraufführung im Wiener Musikverein statt, mit Brahms selbst am Klavier.
Francis Poulencs Violinsonate ist ein Werk, dessen Furor, Zerrissenheit, Melancholie und Esprit auch heute noch unmittelbar wirkt. Es entstand im besetzten Frankreich im Jahr 1943. Poulenc schrieb das Stück für die junge Geigerin Ginette Neveu (1919-1949), vernichtete aber zunächst mehrere Entwürfe. Neveu half dem Komponisten bei der Ausgestaltung der Violinstimme und die beiden führten die Sonate im gleichen Jahr ertsmals in Paris auf. Dieses Werk hatte Poulenc Federico García Lorca, einem der berühmtesten spanischsprachigen Dramatiker und Lyriker der 1930er-Jahre, gewidmet. Lorca verkörperte das liberale Spanien und war zudem homosexuell. Francos Faschisten ermordeten ihn 1936. Trotz Tragik verliess der Schalk Poulenc auch bei seiner Violinsonate nicht: Jeder Satz zitiert «Tea for two», ein damals verbotener Jazz-Standard aus den USA. Zitat und Widmung waren ein stiller Protest gegen die deutsche Okkupation. Der abrupt endende Schlusssatz Presto tragico widerspiegelt Lorcas gewaltsames Ende. Bei der Überarbeitung von 1949 erhielt der Satz durch den Flugzeugabsturz Ginette Neuveus traurige Aktualität.
2025
Konzert 2
W.A. Mozart
(1756-1791)
Sonate für Klavier und Violine Nr. 18 G-Dur KV 301
J. Brahms
(1833-1897)
Sonate für Klavier und Violine Nr. 2 A-Dur Op. 100 «Thuner Sonate»
F. Poulenc
(1899-1963)
Sonate FP 119