Innerhalb Franz Liszts vielfältigen und reichhaltigen Gesamtwerks nehmen Bearbeitungen im weitesten Sinne eine dominierende Stellung ein; im Bereich der Klaviermusik stehen den rund 60 Originalwerken und Werkgruppen fast fünfmal so viele Bearbeitungen, Transkriptionen, Paraphrasen und sonstige Verarbeitungen eigener und fremder Vorlagen gegenüber.
Als Superstar seiner Zeit brauchte Liszt ständig neues Repertoire für seine umjubelten Tourneen. Besonders beliebt waren dabei kompakte Versionen berühmter Opern. Doch Liszt reihte nicht einfach Höhepunkte des Originals aneinander, sondern schuf aus seinen Elementen ein eigenes Kunstwerk. Ein Meilenstein in der Hinsicht ist Liszts psychologisch raffinierte Réminiscences de Don Juan.
«Was anderes ist unser Leben, als eine Reihenfolge von Präludien zu jenem unbekannten Gesang, dessen erste und feierliche Note der Tod anstimmt?» So beginnen die programmatischen Zeilen, die Franz Liszt der Orchesterpartitur von Les Préludes nach Worten von Alphonse de Lamartine hinzugefügt hat. Liszt sieht die Phasen des Lebens als Vorspiele (Préludes) zur Melodie des Todes. Die Musik schildert verschiedene Lebensetappen: vom ersten Erwachen und Erwachsenwerden über schwärmerische Liebe, den Rückzug in die Natur und dem Ausbruch eines kämpferischen Willens, der am Ende zu einem überhöhten Triumph führt.
Lindaraja, das auf einen Garten in Alhambra hinweist, war mit seinen Habanera- Rhythmen Claude Debussys erstes «spanisches» Stück und ein Vorreiter seiner vielen späteren iberischen Stücken, so wie «La soirée dans Grenade».
Immer wieder hat Debussy in seiner Musik die Antike beschworen: die geheimnisvolle Aura eines mit der Natur verbundenen, archaischen Ritus. So klingt auch sein Danse sacrée. In das anfangs statische Klangbild kommt erst allmählich Bewegung hinein. Nach der Reprise des Anfangs endet der Tanz mit einer merkwürdigen, fast düsteren Coda. Die Tonart ist das archaische d-Moll dorisch – passend zu den strengen, massvollen Bewegungen tanzender Priester der Antike, wie sie sich Debussy hier offenbar vorgestellt hat. Der zweite Tanz, die Danse profane, kommt deutlich weltlicher und städtischer daher. Ich verabscheue die Doktrinen und ihre Impertinenz, bekannte Debussy. Deshalb möchte ich meinen musikalischen Traum mit der grössten Gelassenheit niederschreiben. Ich möchte meine innere Landschaft mit der naiven Arglosigkeit des Kindes singen. Die träumerische Atmosphäre der beiden Tänze passt vollendet zu diesen Sätzen.
2025
Konzert 3
Claude Debussy
(1862–1918)
Deux danses L 113b (1904)
Bearbeitung für zwei Klaviere vom Komponisten (1904)
Franz Liszt
(1811–1886)
Sinfonische Dichtung «Les Préludes» S 637
Bearbeitung für zwei Klaviere vom Komponisten (1854–1856)
Claude Debussy
(1862–1918)
Lindaraja L 103 (1901)
Modéré (mais sans lenteur et dans un rythme très souple)
Franz Liszt
(1811–1886)
«Réminiscences de Don Juan» (1841) S 656
Bearbeitung für zwei Klaviere vom Komponisten (nach 1841