Als Liedbegleiter und Partner im vierhändigen Spiel wurde der Claude Debussy als Student 1880 von der Russin Nadeshda von Meck, die Briefpartnerin und Gönnerin Tschaikowskys, engagiert. Vorgestern ist aus Paris ein junger Pianist eingetroffen … Ich habe ihn verpflichtet, um den Kindern Unterricht zu geben, Julias Gesang zu begleiten und mit mir im Sommer vierhändig zu spielen. Dieser junge Mann spielt gut, seine Technik ist glänzend, aber sein Spiel verrät überhaupt keine Persönlichkeit. Er hat noch nicht genug erlebt. Er sagt, er sei zwanzig Jahre alt, aber er wirkt wie sechzehn. Die Wahrheit lag wohl dazwischen, denn tatsächlich war Debussy im Sommer 1880 18 Jahre alt und kam zum ersten Mal aus den kleinbürgerlichen Verhältnissen seiner Jugend in eine mondäne Umgebung. Wie zehn Jahre später im Falle Tschaikowskys insistierte Frau von Meck auch bei dem «kleinen Franzosen» Debussy auf der Komposition eines Klaviertrios. Es war jenes frühe Klaviertrio G-Dur, dessen Wiederentdeckung zu den musikwissenschaftlichen S ensationen d er l etzten Jahrzehnte g ehört. E rst 1 982 f and m an d ie Partitur im Nachlass eines Debussy-Schülers in Paris. Stilistisch verrät das Trio den Einfluss der grossen Vorbilder des jungen Debussy: Schumann, Fauré, aber auch Tschaikowsky. Der Aufbau der einzelnen Sätze ist von französischer Klarheit geprägt und zeigt keine «gearbeiteten» Züge im Sinne der Spätromantik.
Der stressgeplagte Felix Mendelssohn fand Mitte der 1840er Jahre in den idyllischen Hügeln des Taunus bei Bad Soden Musse, ein Meisterwerk wie sein Klaviertrio Nr. 2c-Moll zu vollenden. Aufgerieben zwischen Leipzig, Berlin und London, fand er in jenen Jahren nur in und um Frankfurt, der Heimatstadt seiner Frau Cécile, private Ruhe und Entspannung. Ohne Frack, ohne Klavier, ohne Visiten-Karten, ohne Wagen und Pferde, aber auf Eseln, mit Feldblumen, mit Notenpapier und Zeichenbuch, mit Cecile und den Kindern, doppelt wohl hat er die Ferien des Jahres 1845 verbracht. In diesem Klaviertrio kündigt sich ein Stilwandel an, den man auch in den anderen kammermusikalischen Werken aus Mendelssohns letzten Lebensjahren beobachten kann. Die melodischen Wendungen werden lakonischer, zugleich scheut sich die Musik nicht mehr, wie noch beim «mittleren» Mendelssohn, vor pathetischen Höhepunkten und dem langen Atem grosser «Durchbrüche» in der Entwicklung der Themen. Unmissverständlich kündigt sich hier die Spätromantik an, auch in der Harmonik, die Klischees vermeidet und nach neuen Wegen sucht.
2025
Konzert 5
Claude Debussy
(1862–1918)
Klaviertrio G-Dur, L 5 (1880)
Felix Mendelssohn
(1809–1847)
Klaviertrio Nr. 2 c-Moll Op. 66